Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
am 3. Oktober feiern wir 25 Jahre Deutsche Einheit. Seit 25 Jahren leben wir wieder in einem vereinten Deutschland. Eine ganze Generation ist seitdem bereits geboren und für Kinder und Jugendliche heute ist die deutsche Wiedervereinigung ein Ereignis, das sie nur aus den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern, aus Filmen oder aus Geschichtsbüchern kennen. Für diejenigen, die die Wendezeit bewusst miterlebt haben, verbinden sich heute die unterschiedlichsten Erinnerungen mit den Ereignissen vor 25 Jahren. Während zunächst Freude und Euphorie über die gewonnenen Freiheiten alles andere überstrahlten und viele Menschen die Umbrüche als persönliche Chance wahr nahmen, zeigten sich in der Folgezeit, dass die Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR vor riesigen Herausforderungen in allen Bereichen ihres Lebens standen. Ein neues, föderales Staatssystem, Rechtsstaatlichkeit, Marktwirtschaft, ein neues Bildungssystem, all dies musste in sehr kurzer Zeit aufgebaut und „gelernt“ werden und forderte alle Menschen seinerzeit, manch einen überforderte das alles auch. Insbesondere in der Arbeitswelt gab es schwierige Zeiten mit Rekordarbeitslosigkeit, Beschäftigungsmaßnahmen, komplett veränderten Arbeitsbedingungen, Arbeit fernab der Heimat usw.
Trotz vieler Fortschritte in den vergangenen Jahren und einer Entspannung der Arbeitsmarktlage sind auch heute noch insbesondere die Zahl und die Qualität der verfügbaren Arbeitsplätze Dreh- und Angelpunkt von Betrachtungen und Vergleichen der Lebenssituation der meisten Menschen. Im Großen und Ganzen jedoch können wir gemeinsam stolz sein auf das seit der Wiedervereinigung Erreichte. Die Infrastruktur hat sich überall stark verbessert, zuletzt durch die B6n auch erneut in unserem Gemeindegebiet, gravierende Umweltbelastungen der DDR-Industrie sind fast vollständig verschwunden, auch unsere Dörfer sind im Vergleich zu 1990 nicht wiederzuerkennen. Gleichwohl bleibt viel zu tun und stellen sich immer neue Herausforderungen auch in heutiger Zeit. In den letzten Jahren war der demografische Wandel dabei ein bestimmendes Thema und ist es auch weiterhin.
In diesen Tagen steht unser Land erneut vor großen Herausforderungen. Der Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland ist in den letzten Wochen und Monaten sprunghaft gestiegen. Über die Bundesländer werden die ankommenden Flüchtlinge auf die Landkreise verteilt, diese sind für die Unterbringung der Menschen verantwortlich. Unser Landkreis Anhalt-Bitterfeld rechnet bis Ende des Jahres mit 2.000 Personen, die in Wohnungen und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden sollen. Dabei sind die Verantwortlichen im Landkreis darauf angewiesen, dass ihnen mögliche Unterkünfte, wie z. B. leer stehende Wohnungen, von privaten und öffentlichen Vermietern angeboten werden. Eine Unterbringung der Flüchtlinge wird dabei in allen Kommunen des Landkreises, also auch in unserer Gemeinde, angestrebt.
Wenn Flüchtlinge in unseren Ortsteilen eine Bleibe finden, sind wir gemeinsam aufgerufen, diese Menschen zu unterstützen und zu integrieren. Hierfür gibt es in den meisten Ortsteilen auch Möglichkeiten, z. B. über die Kirchengemeinden, Vereine, örtliche Initiativen. Ich wünsche mir dabei, dass wir Flüchtlinge in unserer Gemeinde freundlich und vorurteilsfrei empfangen. Gleichzeitig erwarte ich, dass die zu uns kommenden Menschen selbst auch bereit sind, sich zu integrieren und die Regeln und Normen ihres Gastgeberlandes zu respektieren. Wenn beide Seiten dazu bereit sind, wird auch in unseren Ortsteilen ein friedliches und aufgeschlossenes Miteinander gelingen.
Stefan Hemmerling
Bürgermeister